Reisen
«Atri, 3. Okt. 1975
Die Arbeit ist vollbracht, ich sitze da, die Hände ruhn, die Seele atmet, das Auge trinkt die Pracht des Abruzzenlandes. Äcker in allen Formen und Farben, so wie Emaliarbeiten in Feldern eingeteilt. Smaragdgrün, Azurblau, Gold, Rot, Sand, Braun. Weisse Bauernhäuser hingesprenkelt. Dann und wann ein weisses Ochsengespann, das mit (…) und Hüst und Hott über die heilige Erde vom einfachen Landmann hingetrieben wird. Sonst absolute Stille in der Luft. Es wäre denn das ferne Rattern eines orangen Fiatpfluges, der in der Ferne die Erde aufreisst, zu erwähnen. Aber man sieht ihn mehr als dass man ihn hört, der Staubfahne wegen, die er hinter sich herzieht.
Gelobtes Land, das die Maler hier in den Abruzzen entdeckten. Im kleinen Umkreis von Atri finden wir alles, das heisst immer wieder die geliebten Äcker, aber in tausendfältiger Verwandlung der Formen und Farben. Da darf wirklich mit dem Psalmisten eingestimmt werden: ‹Hoch preiset meine Seele den Herrn, denn er ist gross und wunderbar sind seine Werke!› Wäre ich Dichter und nicht Maler, ich würde mit der ganzen Kraft des Wortes das Loblied der Erde singen. So bleibt mir für das Gotteslob halt doch nur der Pinsel und die Farbe. Soll dies Werkzeug, das mir zu treuen Handen gegeben wurde, in die Lobpreisung der Geschöpflichkeit mit einstimmen. Und ich tu es mit allen Mitteln und der grössten Sorgfaltspflicht. Seit wir hier sind, entsteht ein Blatt des Morgens und das nächste am Mittag, so dass die Sammlung der Bilder rasch anwächst. Ohne Mühe? Nein, doch nicht ganz, des Abends bin ich oft müde wie die Ackerochsen es sein müssen. Aber die Freude, dies Land ganz frei in schöpferischer Lust und Laune, dem Einfall nachgebend, in Farbe und Form verwandeln zu dürfen, das ist Verheissung genug, sich auf schmale Brücke locken zu lassen, jetzt da das Instrumentarium doch, Gott seis gedankt, wieder zur Verfügung steht.
Wie ist das nur möglich, dass im Mensch die ungeheure Kraft inne wohnt, sein Land so zu verändern, dass es Abbild des Menschen wird, der sich die Aufgabe gestellt, sich die Erde untertan zu machen. Soweit das Auge zu sehen vermag, gleisst das Land unter heisser Oktobersonne und ein bebautes Feld reiht sich an das andere. Und die schon erwähnte Stille und der Friede über allem schenkt dem Schauenden und Empfangenden ein wunderbares Glücksgefühl, das noch lange nachwirken wird. Ist ein Wunder geschehen?» (Hans Schilter, anlässlich seiner Abruzzen-Reise in den Skizzenblock notiert)
Die Arbeit ist vollbracht, ich sitze da, die Hände ruhn, die Seele atmet, das Auge trinkt die Pracht des Abruzzenlandes. Äcker in allen Formen und Farben, so wie Emaliarbeiten in Feldern eingeteilt. Smaragdgrün, Azurblau, Gold, Rot, Sand, Braun. Weisse Bauernhäuser hingesprenkelt. Dann und wann ein weisses Ochsengespann, das mit (…) und Hüst und Hott über die heilige Erde vom einfachen Landmann hingetrieben wird. Sonst absolute Stille in der Luft. Es wäre denn das ferne Rattern eines orangen Fiatpfluges, der in der Ferne die Erde aufreisst, zu erwähnen. Aber man sieht ihn mehr als dass man ihn hört, der Staubfahne wegen, die er hinter sich herzieht.
Gelobtes Land, das die Maler hier in den Abruzzen entdeckten. Im kleinen Umkreis von Atri finden wir alles, das heisst immer wieder die geliebten Äcker, aber in tausendfältiger Verwandlung der Formen und Farben. Da darf wirklich mit dem Psalmisten eingestimmt werden: ‹Hoch preiset meine Seele den Herrn, denn er ist gross und wunderbar sind seine Werke!› Wäre ich Dichter und nicht Maler, ich würde mit der ganzen Kraft des Wortes das Loblied der Erde singen. So bleibt mir für das Gotteslob halt doch nur der Pinsel und die Farbe. Soll dies Werkzeug, das mir zu treuen Handen gegeben wurde, in die Lobpreisung der Geschöpflichkeit mit einstimmen. Und ich tu es mit allen Mitteln und der grössten Sorgfaltspflicht. Seit wir hier sind, entsteht ein Blatt des Morgens und das nächste am Mittag, so dass die Sammlung der Bilder rasch anwächst. Ohne Mühe? Nein, doch nicht ganz, des Abends bin ich oft müde wie die Ackerochsen es sein müssen. Aber die Freude, dies Land ganz frei in schöpferischer Lust und Laune, dem Einfall nachgebend, in Farbe und Form verwandeln zu dürfen, das ist Verheissung genug, sich auf schmale Brücke locken zu lassen, jetzt da das Instrumentarium doch, Gott seis gedankt, wieder zur Verfügung steht.
Wie ist das nur möglich, dass im Mensch die ungeheure Kraft inne wohnt, sein Land so zu verändern, dass es Abbild des Menschen wird, der sich die Aufgabe gestellt, sich die Erde untertan zu machen. Soweit das Auge zu sehen vermag, gleisst das Land unter heisser Oktobersonne und ein bebautes Feld reiht sich an das andere. Und die schon erwähnte Stille und der Friede über allem schenkt dem Schauenden und Empfangenden ein wunderbares Glücksgefühl, das noch lange nachwirken wird. Ist ein Wunder geschehen?» (Hans Schilter, anlässlich seiner Abruzzen-Reise in den Skizzenblock notiert)
«Heute wird die Akropolis und der Aeropag exemplarisch gezeichnet und ich freue mich des Daseins als Maler unter dem blauen Himmel.» (Hans Schilter, aus dem Tagebuch, 6. 10. 1969